Wölfe in der Schweiz – Eine Rückkehr mit Folgen


Wölfe in der Schweiz: Statisiken, Entwicklung, Meinungen

Wölfe lösen Emotionen aus. Das ist nicht erst seit heute so. Immer wieder wird der Wolf aus wirtschaftlichen oder politischen Interessen getötet. Für die einen (z.B. Schafbesitzer, Politiker und Jäger) hat er keinen Platz in der kleinen Schweiz. Naturschützer wiederum sehen weniger Probleme, zumal es in Italien ebenfalls kleine Gebiete gibt, die problemlos mit Wölfen leben. Als Schafbesitzer würde man natürlich gerne auf mit viel Aufwand verbundene Herdenschutzmassnahmen verzichten und, und, und … Wie gut, dass es dieses neue Sachbuch über Wölfe gibt!

Vermittelt wird ein sachliches Bild der Wölfe

Das Sachbuch «Wölfe in der Schweiz» vermittelt ein sachliches Bild einer sehr emotionsgeladenen Herausforderung. Die beiden Autoren Elisa Frank und Nikolaus Heinzer haben mit Wildhütern, Jägern, Schafbesitzern gesprochen und viel recherchiert. Es lässt sich nicht wegdiskutieren, dass der Wolf immer noch unter dem Rotkäppchen-Mythos leidet. Gleichzeitig ist der Herdenschutz für viele Schafherden-Besitzer (hauptsächliche kleine Zucht) eine grosse Herausforderung. Andererseits wird er bewusst zu wenig umgesetzt. Die Hauptdarsteller in dieser Herausforderung sind die traditionelle Walliser-Kultur, der wichtige Tourismus und natürlich die Natur. Alle haben ihre Bedürfnisse und Argumente.

Der Wolf ist nicht an allem Schuld

Das ist mein Fazit, nachdem ich das Buch von Frank und Heinzer gelesen habe. Es geht letztendlich um mehr als um Wölfe. Es geht um den Umgang mit andersdenkenden Menschen, mit anderen Sichtweisen und Argumenten und leider auch um den Missbrauch von politischen Ämtern. Im Konfliktpunkt Wolf werden manche Streitigkeiten ausgetragen, die ihn nicht im geringsten betreffen (z. B. Dörfler- und Städter-Mentalität und deren individuelle Sichtweisen, Gewinnen von Wählerstimmen, wirtschaftliche Interessen, Konkurrenz für Jäger).

Kompromisse sind notwendig, Abschüsse aber äusserst fragwürdig

Der Wolf steht in dieser Situation nicht nur als Tier da. Er ist Teil eines natürlichen Ökosystems, das sich selbst reguliert. Erfahrungsgemäss überleben zum Beispiel nur 50 Prozent der jungen Wölfe bis zum Alter von zwei Jahren. So tickt die Natur. Der Mensch kann nicht ohne sie leben, die Natur ohne den Menschen hingegen schon. Statt zu streiten, braucht es klare Pläne und Ziele.  Dazu sind allenfalls auch Kompromisse nötig. Und eine gewisse Bereitschaft, «natürlich» zu denken, statt menschlich.

«Wölfe in der Schweiz» ist ein Geheimtipp, wenn man sich mit dem Thema Wolf, Koexistenz und Kultur auseinandersetzen will und er zeigt mit Sachinformationen auf, dass ein pauschaler Wolfsabschuss sehr fragwürdig ist.

«Die angestrebte Zahl von zwölf Wolfsrudeln entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Laut einer Studie wären 17 Wolfsrudel erforderlich, damit die Schweiz einen Beitrag zum Fortbestand der gefährdeten Art leisten kann.» schreibt die Republik im Artikel «Das Grobe überlässt er andern» (8.12.2023), eine Einschätzung über Bundesrat Rösti, der in Bezug zum Wolfsabschuss kurzerhand auf eine Vernehmlassung verzichtet, obwohl sie rechtlich vorgeschrieben wäre.

Ein Tier wie der Wolf fordert durch seinen Einzug unsere Bereitschaft, Denk- und Sichtweisen anzupassen. Die grösste Hürde für den Wolf ist, dass Menschen sich nicht gerne verändern.

Das Sachbuch «Wölfe in der Schweiz» finde ich sehr lesenswert, weil es hilft, sich ein Bild von der Situation zu machen und sich eine eigene Meinung zu bilden. Für Interessierte, Politiker, Jäger, Schafzüchter, «Wolfsbefürworter» und «Wolfsgegner» …

Der Wolf in der Schweiz: nicht von allen gerne gesehen ...
Der Wolf in der Schweiz: Eine Herausforderung, die Bereitschaft erfordert, der Natur mehr Raum zu geben. © Fokus-Naturfotografie.ch

Weiterführende Lesetipps zum Thema Wolf (und Schaf)

© buch-tipps.ch, 18.12.2023, Autor: Andreas Räber, GPI®- und Enneagramm-Coach