Herausforderung Stockwerkeigentum
Jemand aus meinem Bekanntenkreis möchte gerne seine Wohnsituation verändern. Wie, ist noch relativ unklar. Was allerdings klar ist: kein Stockwerkeigentum! Da seien Scherereien doch vorprogrammiert. Meine Eltern sind Eigentümer einer Wohnung in einer mittelgrossen Überbauung. In letzter Zeit blieben sie den Eigentümerversammlungen fern. Mit der Begründung: Da wird immer so viel gestritten. Vom Hörensagen weiss ich, dass Treuhänder sich nicht gerade um Mandate bei Mehrfamilienhäusern reissen. Wer befindet sich bei Verhandlungen schon gerne zwischen den Fronten … Diese drei Beispiele legen dar, wie herausfordernd Stockwerkeigentum sein kann.
Stockwerkeigentümergemeinschaft: Menschen sind alle verschieden
Früher gab es für viele Alltagsangelegenheiten klare Regeln und Strukturen: «Am Sonntag arbeitet man nicht.» Das war gegeben. Also hing auch keine Wäsche auf dem Balkon. «Kinder darf man sehen, aber nicht hören.» Welcher Stress war das für Eltern mit kleinen Kindern bis ins Teenageralter in Eigentums-, Miet- oder Ferienwohnungen. Und wie viele Senioren nerven sich deshalb heute über die Kids, die «einfach rausbrüllen dürfen.» Sie selbst konnten sich damals so etwas nicht erlauben.
Ja, heutzutage sind wir viel freier unterwegs. Es werden mehr unterschiedliche Arten von Lebensführung toleriert. Und doch hat jeder Mensch sein eigenes Empfinden in Sachen Lärm, Ordnung, Temperatur, Gerüche, Geld etc.
Wohnen im Stockwerkeigentum hält auf der einen Seite lebendig, weil man immer wieder mit anderen Eigentümern konfrontiert wird, es kann andererseits aber auch eine grosse Herausforderung sein!
Verwaltung — intern oder extern vergeben?
Wo Menschen gemeinsam unterwegs sind, geht es immer schnell einmal um die Frage der Führung. Die einen beginnen sofort zu organisieren und wollen dann auch das Sagen haben, während andere sich nicht ungern führen lassen. Ist man im Stockwerkeigentum zusammen unterwegs, ist auf einen guten Mix von Charakteren zu hoffen. Auf alle Fälle sind ein gesundes Management und eine zuverlässige Verwaltung sowie Hauswartung das A und O für ein gutes Gelingen. Diese Aufgaben können intern übernommen oder extern vergeben werden.
Vor- und Nachteile einer internen Vergabe
Verfügt eine Person der Stockwerkeigentümergemeinschaft über genügend Fachkompetenz, übernimmt sie vielleicht gerne eines dieser Ämter oder einen Teil davon. Das hat den Vorteil, dass sie nahe am Ball ist und mehr über interne Zusammenhänge weiss.
Hier lohnt es sich jedoch, genau abzusprechen, wie weit der Auftrag und die Kompetenzen reichen sollen. Zum Schutz beider Seiten. Und bitte eine angemessene Entlöhnung, damit sich niemand benachteiligt fühlen muss.
Vor- und Nachteile einer externen Vergabe
Werden Aufgaben nach auswärts vergeben, sind sie in professionellen Händen und werden professionell ausgeführt. Also herrscht auch eine professionelle Distanz, die das Zwischenmenschliche etwas erleichtern kann. Die Stockwerkeigentümer können sich zurücklehnen und ihren eigenen Kernkompetenzen nachgehen. Dafür müssen sie eher etwas tiefer in die Tasche greifen.
Strom-, Wasser- und Heizkostenabrechnung
Sag mir, wie viel Energie du verbrauchst und ich sage dir, wer du bist …
Wie bereits beschrieben, herrschen auch in Sachen Energieverbrauch die verschiedensten Gepflogenheiten, abhängig von persönlichen Bedürfnissen, Alter (Senioren, Babys), Bewegungsgewohnheiten, Umweltbewusstsein etc. Auch die Kosten spielen eine immer grössere Rolle, sind die Energiepreise in den letzten Jahren doch stetig gestiegen. Und wenn es ums Portemonnaie geht, versteht der Mensch meistens keinen Spass … Daher sind, sofern man eine Wahl hat, getrennte Zähler für Strom, Wasser und Heizung sehr zu empfehlen.
Werterhaltung — auch unsere Immobilien werden nicht jünger
Dass man für ein Gebäude eine Versicherung abschliesst, ist ziemlich klar. In den meisten Kantonen ist dies obligatorisch. Eine Gebäudeversicherung tritt zum Beispiel bei Feuer- und Wasserschäden, sogenannten Elementarschäden, Einbruch, Schäden an Dritten oder auch Erdbeben in Kraft. Eine gute Sache also. Was nicht obligatorisch ist, ist das Anlegen eines Erneuerungsfonds.
Man wohnt und wohnt und irgendwann wird das Dach marode oder der Verputz beginnt vor sich hinzubröckeln.
Vielleicht wird auch die Erneuerung der Fenster ein Thema. Oder die Heizung steigt über Nacht aus. Dies alles kostet viel Geld. Wer soll das bezahlen? Wenn nicht alle Stockwerkeigentümer über genügend finanzielle Mittel verfügen, kann es in solchen Situationen zu grossen Problemen kommen. Das muss nicht sein!
Erneuerungsfonds – vorsorgen und profitieren
Wie glücklich, wer in solchen Situationen auf einen gut genährten Erneuerungsfonds zugreifen kann. Ein solches Konto wird — nach Eigentumsanteilen – bereits in jungen Jahren (der Immobilie) regelmässig geäufnet und dient als gemeinsames Sparkonto für Schäden, die von keiner Versicherung gedeckt sind, sowie zur Werterhaltung einer Immobilie.
Denn nach 20 bis 30 Jahren ist mit grösseren Sanierungen an Haustechnik, Dach, Gebäudehülle etc. zu rechnen.
Im Musterreglement des Verbandes zum Stockwerkeigentum findet sich die Formulierung, dass die Höhe der jährlichen Einlage durch Beschluss der Stockwerkeigentümergemeinschaft festzulegen ist. Wörtlich heisst es weiter im Reglement: «…mindestens 0.4 % des Gebäudeversicherungswertes, solange der Wert des Erneuerungsfonds weniger als 6 % des Gebäudeversicherungswertes beträgt.» (siehe stockwerk.ch)
Stockwerkeigentum: Es gibt viel zu tun, bleiben wir dran
Scherereien: Mag sein, dass es an den Stockwerkeigentümer-Versammlungen mal laut wird. Doch wenn wir schweigen, uns zurückziehen und am Ende darum wichtige Massnahmen nicht erkannt und umgesetzt werden, kommen noch grössere Scherereien auf uns zu.
Wir haben vieles selbst in der Hand. Mit einer professionellen Zustandsanalyse durch einen Fachmann ist ein genaues Planen über einen längeren Zeitraum möglich. Das ist gut investiertes Geld, mit dem man schlussendlich viel sparen kann.
Bleiben wir dran. Uns zuliebe.