Schon ein kurzer Blick in den Alltag verrät, dass unser modernes Leben ohne den Einsatz von Modellbau und Formenbau kaum vorstellbar wäre. Denn von den Legosteinen der Kinder und dem Reissverschluss der eigenen Jacke bis hin zur edel designten Schale des neuen Laptops basieren zahlreiche unserer heutigen Produkte auf dieser Entwicklungs- und Fertigungsweise. Doch was genau lässt sich unter den Verfahren des Modellbaus und Formenbaus verstehen? Wo liegen deren historische Ursprünge? Und in welchen Bereichen kommt der Modellbau gegenwärtig zur Anwendung? Diese und weitere Frage wird der folgende Beitrag eingehender beleuchten.
Modellbau und Formenbau – eine kurze Definition
Generell bezeichnet das Wort «Modellbau» die Herstellung dreidimensionaler, physischer Objekte, die entweder verkleinerten Nachbildungen von realen Gegenstände oder Prototypen von geplanten Gegenständen entsprechen.
Während die erstere Variante unter anderem die weit verbreitete Anfertigung von Miniaturmodellen historischer Fahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge umfasst, kommt die zweite Art des Modellbaus vor allem in der industriellen Produktion zum Einsatz. Dort dient das Modell üblicherweise als Vorlage für eine Gussform, die anschliessend eine serielle Herstellung des Gegenstandes aus Metall oder Plastik ermöglicht. Aufgrund dieser formgebenden Funktion wird der Modellbau in der industriellen Produktion auch als «Formenbau» bezeichnet.
Gemeinhin bietet die Verfahrensweise des Formenbaus den grossen Vorteil, dass Objekte ganzheitlich gegossen werden können und somit die spätere Zusammensetzung von Einzelteilen unnötig machen beziehungsweise wesentlich verringern. Der Modellbau in der industriellen Produktion setzt hierbei jedoch im selben Moment unterschiedlichste Arbeitsschritte voraus. So muss das geplante Objekt zunächst von einem Designer in seinen visuellen und materiellen Eigenschaften entworfen und definiert werden. Anknüpfend daran führt ein Formenbauer die Ausarbeitung des physischen Prototypen aus, der als Vorlage für die spätere Gussform dient. Je nach Art und Produktionsweise des geplanten Gegenstandes wird die finale Gussform unter anderem als Dauermodell aus Metall oder als Urmodell aus Holz beziehungsweise Gips realisiert.
Die historischen Ursprünge des Modellbaus und Formenbaus
Die ersten Ursprünge des heutigen Formenbaus lassen sich bis in die Kupfersteinzeit zurückverfolgen, in der erstmals grundlegende Techniken der Metallurgie entwickelt wurden.
Unter anderem war in dieser Epoche die Herstellung von Pfeilspitzen, Bleigeschossen und ersten Schmuckstücken anhand entsprechender Stein- und Sandformen üblich.
Durch unterschiedliche Gussverfahren konnten dabei bereits vielfältige Oberflächenstrukturen erreicht werden. Diese frühen Methoden des Formenbaus wurden anschliessend kontinuierlich in ganz Europa verfeinert und gelangten etwa in den prachtvollen Waffen- und Schmuckobjekten des Mittelalters zu einem Höhepunkt.
Eine wesentliche Fortentwicklung des Formenbaus lässt sich zugleich mit dem Einsetzen der industriellen Revolution während des 19. Jahrhunderts verzeichnen. So führte die Erfindung von Dampfmaschine und Elektrizität in dieser Zeit erstmals zu der breiten Etablierung moderner Fabriken, die dem Prinzip der seriellen Produktion folgten. Mit dem Aufkommen der Serienfertigung stieg im selben Moment der Bedarf an standardisierten Elementen, die sich aufgrund ihrer Normierung stets in gleicher Weise verarbeiten lassen.
Als zentrales Beispiel kann hierbei die erste Massenproduktion von Automobilen in der Fabrik von Henry Ford angeführt werden, die bereits zu grossen Teilen auf Techniken des modernen Formenbaus basierte.
Während zur Zeit der industriellen Revolution jedoch die Verwendung metallischer Materialien überwog, verlagerte sich der Produktionsschwerpunkt in den 1960er-Jahren auf die Herstellung unterschiedlichster Kunststoffteile. Die Einführung von Computern und Robotern eröffnete in den folgenden Jahrzehnten zudem die Möglichkeit, die Produktionsverfahren hinsichtlich Formgenauigkeit, Materialeigenschaften und Oberflächenstruktur abermals zu optimieren. So sorgte etwa die Einführung der CNC-Maschinen (Computerised Numerical Control) dafür, dass auch komplexe Formen automatisch und mit hoher Präzision ausgeführt werden können.
Gegenwärtig rücken im Formenbau ausserdem zunehmend Aspekte der Nachhaltigkeit in den Vordergrund. Dies wird beispielsweise anhand der vermehrten Entwicklung von Techniken kenntlich, die eine optimale Verwendung biobasierter Materialien erlauben.
Modellbau und Formenbau heute – die wichtigsten Anwendungsfelder
Im Zuge der technischen und materiellen Neuerungen kommt der Formenbau aktuell in vielfältigsten Bereichen zum Einsatz. Traditionell bildet hierbei der Werkzeugbau einen wichtigen Schwerpunkt. Dieser beinhaltet vor allem die Herstellung spezieller Werkstücke – wie etwa Präzisionswerkzeuge oder Maschinenteile aus Metall -, die anschliessend in der industriellen Fertigung verwendet werden. Die Produktion von Elementen im Werkzeugbau basiert heute in weiten Teilen auf der Verwendung von CNC-gesteuerten Werkzeugmaschinen.
Ein weiterer Fokus des gegenwärtigen Formenbaus liegt zudem auf der Spezialanfertigung von Kunststoffgehäusen und Kunststoffformteilen. Diese können unter anderem Abdeckungen, Dichtungen, Kabel, Behälter oder Schutzschalen umfassen. Zumeist werden die entsprechenden Kunststoffteile in einer Urform definiert und anschliessend im Spritzgiessverfahren vervielfältigt.
Eine zentrale Rolle kommt darüber hinaus der Realisation von Prototypen zu. Dabei handelt es sich um funktionstüchtige Versuchsmodelle von Gegenständen und Bauteilen, die später seriell gefertigt werden sollen. Um die ästhetischen und funktionalen Eigenheiten solcher Prototypen optimal testen zu können, erfolgt deren Herstellung vorwiegend mit modernen Spezialmethoden wie etwa dem generativen Verfahren Selektives Lasersintern (SLS).
Schliesslich findet der Formenbau ebenso eine breite Anwendung in der Umsetzung von realen Anschauungsmodellen. Dieses Gebiet kann sowohl komplexe Architekturmodelle wie auch facettenreiche medizinische oder museale Vermittlungsobjekte beinhalten. Aufgrund der notwendigen Detailgenauigkeit wird bei der Herstellung dieser Modelle vor allem auf das Verfahren der Stereolithographie zurückgegriffen.
Als wichtigste Anwendungsbereiche des heutigen Formenbaus lassen sich zusammenfassend somit die folgenden Felder anführen
- Werkzeugbau
- Kunststoffgehäuse und -formteile
- Prototypenbau
- Architekturmodelle
- Medizinische Modelle
- Sonstige Anschauungsmodelle
© Buch-Tipps.ch/ Peter Feddersen – 22.9.2021
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